Anleihen (Bonds) – Kredit für Staaten und Unternehmen

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 ⚠️Haftungsausschluss

Eine Anleihe kann man sich wie einen Kredit vorstellen, den Anleger einem Staat oder einem Unternehmen gewähren.

So funktioniert es:

  • Der Staat oder das Unternehmen gibt eine Anleihe aus und verkauft sie an Investoren.
  • Die Investoren (also Käufer der Anleihe) leihen dem Emittenten (dem Herausgeber der Anleihe) Geld.
  • Dafür erhalten sie regelmäßige Zinsen (Kuponzahlungen).
  • Am Ende der Laufzeit zahlt der Emittent den ursprünglichen Betrag (den Nennwert der Anleihe) zurück.

Anleihen sind also eine Möglichkeit für Staaten und Unternehmen, sich Kapital zu beschaffen, ohne einen klassischen Bankkredit aufzunehmen.

Staaten und Unternehmen können sich Geld für einen festen Zeitraum (z. B. 5, 10, 30 Jahre) am freien Markt durch die Ausgabe von Anleihen beschaffen. Dies geschieht oft, um sich nicht allein auf Bankkredite zu verlassen, das Risiko zu diversifizieren oder aus anderen strategischen Gründen.

Innerhalb dieses Zeitraums zahlen die Emittenten (also die Staaten oder Unternehmen) Zinsen an die Investoren (Käufer der Anleihen). Diese Zinsen werden meist zu einem fest vereinbarten Zinssatz gezahlt. Früher erhielten Anleger dafür sogenannte Kupons auf Papier, die sie zur Auszahlung bei einer Bank einlösen konnten.

Zinscoupon

Die Zinszahlungen erfolgen immer zu festen Zeitpunkten, die in den Anleihebedingungen festgelegt sind. Dies kann jährlich, halbjährlich oder auch quartalsweise geschehen, abhängig von der jeweiligen Anleihe. Am Ende der Laufzeit wird der sogenannte Nennwert (100 % des ursprünglichen Betrags) an den Anleger zurückgezahlt.

Handel während der Laufzeit:

Anleihen können während ihrer Laufzeit am Markt gehandelt werden, sodass Anleger nicht verpflichtet sind, sie bis zum Ende der Laufzeit zu halten. Der Marktwert einer Anleihe wird in Prozent des Nennwerts (100% = Ausgabe- und zugesicherter Rückzahlungswert) angegeben und unterliegt Schwankungen.

Anleihen werden nicht in Stückzahlen, wie etwa Aktien, gehandelt sondern unter Angabe eines Nennwerts zu einem aktuellen Prozentsatz.

  • Der Kurs einer Anleihe kann zum Beispiel über 100 % (Aufschlag) oder unter 100 % (Abschlag) des Nennwerts gehandelt werden.
  • Gegen Ende der Laufzeit nähert sich der Kurs in der Regel wieder dem Nennwert von 100 % an, da die Rückzahlung zu diesem Wert erwartet wird.
  • Anleger können also auch nach der Emission einer Anleihe während ihrer Laufzeit einsteigen, je nach Kurs entweder teurer (> 100 %) oder günstiger (< 100 %).

Wie auch bei Aktien findet der Handel mit Anleihen nach ihrer Erstausgabe am Sekundärmarkt statt. Der Emittent – also der Staat oder das Unternehmen – hat das Kapital bereits bei der Erstausgabe erhalten. Wenn diese Schuldverschreibungen später den Eigentümer wechseln, ist der ursprüngliche Herausgeber nicht mehr in den Handel involviert

Beispiel:

Eine Anleihe hat eine Laufzeit von 10 Jahren und wird mit einem festen Zinssatz von 8 % (Coupon) pro Jahr verzinst. Der Nennwert beträgt 1.000 € und der Kurs liegt bei 100%. Die Zinszahlungen erfolgen halbjährlich, jeweils im Januar und Juli.

  • Beim Kauf der Anleihe direkt bei Ausgabe zahlt ein Anleger bei einem Kurs von 100% die vollen 1.000 € und erhält 10 Jahre lang jedes Jahr zwei Zinszahlungen in Höhe von 40 € (80 € jährlich, was 8 % von 1.000 € entspricht).
  • Während der Laufzeit können die Anleihen jederzeit an der Börse frei gehandelt werden. Hierbei wird der Kurs vom Markt bestimmt und ist z.B.. abhängig von aktuellen Zinssätzen neuerer Anleihen etc. Warum sollte jemand bereits laufende Anleihen mit einem 8% Coupon kaufen, wenn es mittlerweile welche mit 10% gibt? Der Kurs für die alten Anleihen würde in einem solchen Szenario fallen.
  • Am Ende der Laufzeit tendiert der Handelskurs üblicherweise wieder gegen 100% weil der Emittent nur eine Rückzahlung von 100% des Nennwertes zugesichert hat. Es macht wirtschaftlich keinen Sinn eine Anleihe für 110% zu kaufen, wenn sie kurze Zeit später ausläuft und man nur 100% zurück bekommt. Der Anleger erhält in diesem Beispiel also den Nennwert von 1.000 € zurück.

  • Sollte die Anleihe nach 3 Jahren an der Börse z.B. mit einem Kurs von 85 % gehandelt werden, kann ein neuer Anleger für 850 € einen Anspruch auf einen Nennwert von 1.000 € erwerben.
  • Über die verbleibenden 7 Jahre erhält er weiterhin zweimal im Jahr 40 € (insgesamt 560 €).
  • Am Ende der Laufzeit wird der Nennwert von 1.000 € zurückgezahlt, sodass der Anleger insgesamt 1.560 € für einen Kaufpreis von 850 € erhält.

Risiken von Anleihen:

1. Emittentenausfall: Ein Staatsbankrott oder die Insolvenz eines Unternehmens können dazu führen, dass Zinszahlungen ausfallen oder der Anleger sein investiertes Kapital verliert (Totalverlust).

2. Inflation: Eine hohe Inflation kann den realen Wert der festen Zinszahlungen und der Rückzahlung des Nennwerts stark mindern.

3. Wechselkursrisiken: Bei Anleihen in Fremdwährungen kann es durch Währungsschwankungen zu Verlusten kommen, wenn die Währung des Anlegers gegenüber der Fremdwährung an Wert gewinnt.

Vorteile von Anleihen:

1. Planbarkeit: Verlässliche Zins- und Rückzahlungen ermöglichen eine gute Kalkulation der Rendite.

2. Sicherheit: Staatsanleihen und Anleihen von bonitätsstarken Unternehmen gelten (je nach Emittent) als relativ risikoarm.

3. Handelbarkeit: Die Möglichkeit, Anleihen während der Laufzeit zu handeln, bietet Flexibilität.

Anmerkung: Es existieren auch ausschüttende ETF‘s die Anleihen mehrerer Unternehmen oder Staaten bündeln. Diese werden wie andere ETF‘s in Stückzahlen gehandelt und haben keine festgelegte Laufzeit. Mitunter kann hier die Ausschüttung auch monatlich erfolgen.

Inflationsgeschützte Anleihen

Inflationsgeschützte Anleihen (auch Inflationsanleihen oder Inflationslinker genannt) sind festverzinsliche Wertpapiere, deren Wert an die Inflation gekoppelt ist. Sie schützen Anleger vor Kaufkraftverlusten durch Inflation, indem sie sowohl den Nominalwert als auch die Zinszahlungen an die Entwicklung eines Inflationsindex (z. B. den Verbraucherpreisindex) anpassen.

Funktionsweise:

1. Anpassung des Nominalwerts

  • Der ursprüngliche Nominalwert der Anleihe wird regelmäßig an die Inflation angepasst.
  • Steigt die Inflation, erhöht sich der Nominalwert entsprechend.
  • Sinkt die Inflation oder kommt es zu Deflation, kann der Nominalwert sinken (bei manchen Anleihen ist der Rückzahlungsbetrag aber mindestens der ursprüngliche Nennwert).

2. Zinszahlungen (Kupon)

  • Die Kuponzahlungen basieren auf dem inflationsbereinigten Nominalwert.
  • Da der Kupon als fester Prozentsatz des Nominalwerts berechnet wird, steigen die absoluten Zinszahlungen mit der Inflation.

3. Rückzahlung bei Fälligkeit

  • Am Ende der Laufzeit erhält der Anleger den inflationsbereinigten Nominalwert zurück.
  • Falls eine Mindestgarantie besteht, wird mindestens der ursprüngliche Nominalwert ausgezahlt.

Beispiel:

  • Eine inflationsgeschützte Anleihe hat einen Nominalwert von 1.000 € und zahlt 2 % Zinsen.
  • Steigt die Inflation um 5 %, erhöht sich der Nominalwert auf 1.050 €.
  • Die Zinszahlung beträgt dann 2 % von 1.050 €, also 21 € statt 20 €.
  • Bei Fälligkeit erhält der Anleger mindestens 1.050 €, sofern es keine Deflation gibt.

Vorteile:

  • Schutz vor Inflation, da sowohl Zinsen als auch Rückzahlung angepasst werden.
  • Kaufkraft bleibt stabiler als bei normalen Anleihen mit festem Nominalwert.
  • Attraktiv in Zeiten steigender Inflation.

Nachteile:

  • In Phasen niedriger oder fallender Inflation können sie weniger attraktiv sein.
  • Die laufenden Zinsen sind oft niedriger als bei herkömmlichen Anleihen mit vergleichbarer Laufzeit.
  • Bei Deflation kann der Nominalwert sinken (je nach Anleihebedingungen).

Inflationsgeschützte Anleihen werden z. B. von Regierungen (wie deutsche Inflationsindexierte Bundesanleihen oder US-TIPS) oder Unternehmen ausgegeben. Sie eignen sich für Anleger, die sich gegen Inflation absichern wollen.

Sensibilität bei Zinsänderungen

Die Laufzeitlänge von Anleihen hat bei Änderung des Leitzinses Auswirkungen auf deren Handelskurs.

Beispiel: Eine Anleihe mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren und einem Zinscoupon von 5% wird an der Börse attraktiver wenn aktuell neue Anleihen nur noch mit 3% Zinscoupon herausgegeben werden.

MarktphaseKurzfristige AnleihenLangfristige Anleihen
Steigende Zinsen✅ Flexibel, geringes Kursrisiko❌ Hohe Kursverluste
Fallende Zinsen❌ Niedrigere Zinsen bei Reinvestition✅ Kursgewinne, langfristig hohe Rendite
Stabile Zinsen✅ Flexibel, geringes Risiko✅ Höhere Rendite, aber wenig Kursgewinne

Steigende Zinsen → Kurzfristige Anleihen
Fallende Zinsen → Langfristige Anleihen
Stabile Zinsen → Kombination aus beiden

Ratingstufen

Die Rating-Stufen bei Anleihen zeigen, wie hoch das Risiko ist, dass der Emittent seine Schulden nicht zurückzahlen kann. Sie werden von Rating-Agenturen wie Standard & Poor’s (S&P), Moody’s und Fitch vergeben.

Bedeutung der Buchstaben in den Ratings

Erster Buchstabe (A, B, C, D): Zeigt die generelle Bonitätsstufe an.

  • A: Hohe Kreditwürdigkeit
  • B: Mittlere bis spekulative Kreditwürdigkeit
  • C: Sehr spekulativ, hohe Ausfallwahrscheinlichkeit
  • D: Zahlungsausfall (Default)

Zweiter Buchstabe (A oder B): Präzisiert die Stufe innerhalb der Hauptkategorie.

  • AAA > AA > A > BBB > BB > B usw.
  • Je mehr A’s oder B’s, desto besser die Kreditwürdigkeit.

Dritte Stelle (bei Moody’s: Ziffern, bei S&P/Fitch: + oder -): Feineinstufung innerhalb einer Kategorie.

  • S&P/Fitch: Nutzen „+“ oder „-“ (z. B. BBB+ ist besser als BBB, aber schlechter als A-).
  • Moody’s: Nutzt Zahlen 1, 2, 3 (z. B. Baa1 ist besser als Baa2, aber schlechter als A3).

Investment-Grade vs. High-Yield (Junk Bonds)

Investment-Grade (hohe Sicherheit, geringes Risiko):

AAA bis BBB- (S&P/Fitch) / Aaa bis Baa3 (Moody’s)

High-Yield / Junk Bonds (hohes Risiko, hohe Zinsen):

BB+ bis C (S&P/Fitch) / Ba1 bis C (Moody’s)

Default:

D (S&P/Fitch) / C (Moody’s) → Anleihe ist zahlungsunfähig.

Beispielhafte Einstufungen

  • AAA (S&P/Fitch) / Aaa (Moody’s): Höchste Sicherheit (z. B. deutsche Staatsanleihen).
  • BBB- (S&P/Fitch) / Baa3 (Moody’s): Letzte Stufe vor den Junk Bonds.
  • BB+ (S&P/Fitch) / Ba1 (Moody’s): Erste Stufe der spekulativen Anleihen.
  • CCC oder Caa: Sehr hohes Ausfallrisiko.
  • D: Bereits im Zahlungsausfall.

Das Rating hilft Investoren, das Risiko einer Anleihe besser einzuschätzen. Hast du noch Fragen zu einem bestimmten Bereich?


→ weiter mit: Fonds und ETFs – Sammelbecken für Einzelwerte