Momentum-Strategien – Trends erkennen und nutzen

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In der Welt des Investierens gibt es zahlreiche Strategien, um Renditen zu maximieren. Eine der bekanntesten und erfolgreichsten Ansätze ist die Momentum-Strategie. Sie basiert auf der Annahme, dass Aktien, die in der Vergangenheit gut gelaufen sind, weiterhin steigen werden – und umgekehrt. Doch wie funktioniert Momentum-Investing genau, welche Methoden gibt es, und worauf sollten Anleger achten? In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf Momentum-Strategien, ihre Vorteile, Risiken und praktische Umsetzungsmöglichkeiten.

⚠️Haftungsausschluss

Was ist die Momentum-Strategie?

Die Momentum-Strategie ist eine trendfolgende Anlagestrategie, die darauf abzielt, Wertpapiere mit einer starken Kursdynamik zu identifizieren und von ihrer Fortsetzung zu profitieren. Die Grundidee lautet:

  • Kaufen von Aktien mit positiven Kursentwicklungen (relative Stärke)
  • Verkaufen oder Leerverkaufen von Aktien mit negativen Kursentwicklungen (relative Schwäche)

Die Strategie beruht auf der Beobachtung, dass Kursgewinne oft zu weiteren Kursgewinnen führen und fallende Aktien tendenziell weiter fallen. Dies hängt mit Marktpsychologie, Anlegerverhalten und technischen Faktoren zusammen.

Beispiel:

Angenommen, eine Aktie hat in den letzten sechs Monaten um 30 % zugelegt, während der Gesamtmarkt nur um 10 % gestiegen ist. Ein Momentum-Investor könnte diese Aktie kaufen, weil er erwartet, dass der Trend weiter anhält.

Warum funktioniert Momentum?

Momentum basiert auf mehreren Marktmechanismen:

1. Herdentrieb und Anlegerpsychologie

  • Anleger neigen dazu, Trends zu verstärken, indem sie Gewinner-Aktien kaufen und Verlierer meiden.
  • Gier und FOMO (Fear of Missing Out) treiben Preise nach oben, während Panikverkäufe Abwärtstrends beschleunigen.

2. Marktineffizienzen und verzögerte Reaktionen

  • Neue Informationen werden oft nicht sofort vollständig in den Kursen eingepreist.
  • Institutionelle Investoren passen ihre Portfolios oft langsam an, was Trends verstärken kann.

3. Technische Faktoren (Handelsvolumen, Trendfolge)

  • Hohe Handelsvolumina bei steigenden Kursen bestätigen Trends.
  • Trendfolgende Algorithmen verstärken Momentum-Bewegungen durch automatisierte Käufe und Verkäufe.

Diese Effekte führen dazu, dass Trends sich oft länger fortsetzen, als viele Anleger erwarten.

Arten von Momentum-Strategien

1. Relative-Strength-Momentum (Relative Stärke)

Diese Strategie vergleicht verschiedene Aktien oder Anlageklassen miteinander. Anleger kaufen die stärksten Aktien und meiden die schwächsten.

Beispiel:

Ein Investor analysiert 500 Aktien und investiert in die Top 10 % mit der besten 12-Monats-Performance, während er die schlechtesten 10 % vermeidet oder sogar leerverkauft.

Vorteile:

✔ Einfache Umsetzung durch Kennzahlen wie das 52-Wochen-Hoch oder den RSI (Relative Strength Index)
✔ Funktioniert gut in starken Marktphasen

Nachteile:

✘ Kann in Seitwärtsmärkten zu Fehlsignalen führen
✘ Erfordert regelmäßige Anpassungen des Portfolios

2. Time-Series-Momentum (Trendfolge)

Hier wird eine einzelne Aktie oder ein Marktindex isoliert betrachtet. Es wird nur investiert, wenn ein klarer Aufwärtstrend vorliegt.

Beispiel:

Ein Investor kauft eine Aktie, wenn sie über ihrem 200-Tage-Durchschnitt liegt, und verkauft, wenn sie darunter fällt.

Vorteile:

✔ Reduziert das Risiko von großen Verlusten
✔ Kann auf verschiedene Anlageklassen (Aktien, Rohstoffe, Anleihen) angewendet werden

Nachteile:

✘ Späte Einstiege und Ausstiege können Renditen mindern
✘ Funktioniert nicht gut in extrem volatilen Märkten

3. Cross-Asset Momentum

Hierbei wird Momentum zwischen verschiedenen Anlageklassen genutzt, z. B. zwischen Aktien, Anleihen, Rohstoffen und Währungen.

Beispiel:

  • In Phasen mit starkem Momentum bei Aktien wird das Portfolio offensiv in Aktien investiert.
  • In schwachen Phasen wird in Anleihen oder Gold umgeschichtet.

Vorteile:

✔ Diversifikation über verschiedene Märkte
✔ Reduziert Abwärtsrisiken in Bärenmärkten

Nachteile:

✘ Erfordert tiefere Marktanalysen
✘ Manchmal sind Signale schwer zu interpretieren

Wie erkennt man Momentum? – Wichtige Indikatoren

1. Gleitende Durchschnitte

50-Tage- und 200-Tage-Durchschnitt: Wenn der 50-Tage-Durchschnitt den 200-Tage-Durchschnitt überschreitet (Golden Cross), gilt das als starkes Kaufsignal.

2. Relative Strength Index (RSI)

Zeigt, ob eine Aktie überkauft (>70) oder überverkauft (<30) ist.

3. Momentum-Indikator (ROC – Rate of Change)

Misst die prozentuale Kursveränderung über einen bestimmten Zeitraum.

4. 52-Wochen-Hochs

Aktien, die regelmäßig neue Hochs erreichen, zeigen oft starkes Momentum.

Risiken der Momentum-Strategie

1. Plötzliche Trendwenden

  • Momentum-Aktien können abrupt fallen, wenn sich der Markt dreht.
  • Beispiel: Tech-Aktien mit starkem Momentum fielen 2022 abrupt nach Zinserhöhungen.

2. Hohe Transaktionskosten

Regelmäßige Umschichtungen können Gebühren verursachen.

3. Short-Term Reversal Effekt

Manchmal kehren sich kurzfristige Trends um, was zu Fehlsignalen führen kann.

So setzt man eine Momentum-Strategie erfolgreich um

1. Definiere klare Regeln:

  • Welche Indikatoren nutzt du?
  • Wie oft überprüfst du dein Portfolio?

2. Nutze ETFs oder Faktor-Investing:

Es gibt spezielle Momentum-ETFs (z. B. MSCI World Momentum), die eine automatisierte Umsetzung bieten.

3. Kombiniere Momentum mit anderen Strategien:

Momentum kann mit Value-Investing oder Risikomanagement-Strategien kombiniert werden.

4. Setze Stop-Loss-Marken:

Um Verluste zu begrenzen, sollten klare Verkaufsregeln existieren.

Fazit

Momentum-Strategien sind eine der wenigen bewährten Marktanomalien, die nachweislich über lange Zeiträume funktionieren. Wer in starke Trends investiert, kann hohe Renditen erzielen – muss aber auch die Risiken kennen. Die richtige Umsetzung erfordert eine Kombination aus technischer Analyse, diszipliniertem Risikomanagement und regelmäßiger Anpassung.

Obwohl Momentum kein „sicherer Gewinn“ ist, kann es als mächtiges Werkzeug für Anleger dienen, die bereit sind, Marktbewegungen aktiv zu nutzen.

→ weiter mit: Smart Beta und Faktor-Investing – Die Wissenschaft hinter besserer Rendite