KEINE FINANZBERATUNG!
Ich habe vom selben Aktienfond zu unterschiedlichen Zeiten und Preisen unterschiedliche Stückzahlen gekauft. Nun habe ich einen Teil wieder verkauft und bin etwas überrascht das der Einstandspreis für den verbliebenen Rest gestiegen ist und ich Gewinnsteuer zahlen musste. Gibt es so etwas wie ein FIFO Schema?
Ja, bei der Besteuerung von Wertpapieren (einschließlich Aktienfonds) in Deutschland wird das sogenannte FIFO-Prinzip (First In, First Out) angewendet. Das bedeutet, dass bei einem Verkauf von Anteilen davon ausgegangen wird, dass die zuerst gekauften Anteile auch zuerst verkauft werden.
Wie funktioniert das FIFO-Prinzip?
Wenn du Anteile eines Fonds zu unterschiedlichen Zeitpunkten und Preisen erworben hast und dann einen Teil dieser Anteile verkaufst, wird automatisch angenommen, dass die ältesten Anteile zuerst verkauft werden. Dies wirkt sich auf den Einstandspreis der verbleibenden Anteile aus:
1. Verkauf der zuerst gekauften Anteile: Der Verkaufspreis der zuerst gekauften Anteile wird mit ihrem ursprünglichen Kaufpreis (Einstandspreis) verglichen, um den Gewinn zu ermitteln.
2. Neuberechnung des Einstandspreises: Für die verbleibenden Anteile wird der Einstandspreis angepasst, basierend auf dem Kaufpreis der später erworbenen Anteile. Dadurch kann es passieren, dass der durchschnittliche Einstandspreis für den verbleibenden Restbestand steigt.
Auswirkungen auf die Besteuerung:
• Wenn du Anteile mit einem höheren Verkaufspreis als dem Einstandspreis (also dem ursprünglichen Kaufpreis) verkaufst, entsteht ein Kapitalertrag, der in Deutschland der Abgeltungssteuer unterliegt (25 % plus Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer).
• Da die älteren, oft günstigeren Anteile zuerst verkauft werden, kann dies zu einem höheren Gewinn führen, der entsprechend versteuert wird.
• Der Einstandspreis der verbleibenden Anteile ist dann oft höher, da nur noch die später gekauften (möglicherweise teureren) Anteile im Depot verbleiben.
Beispiel:
• Du hast 100 Anteile eines Fonds in zwei Tranchen gekauft:
• 50 Anteile im Jahr 2015 zu 100 Euro pro Stück.
• 50 Anteile im Jahr 2018 zu 120 Euro pro Stück.
• Nun verkaufst du 50 Anteile.
• Gemäß dem FIFO-Prinzip gelten die ersten 50 Anteile, die du 2015 gekauft hast, als verkauft.
• Wenn der Verkaufspreis beispielsweise 130 Euro pro Anteil beträgt, hast du einen Gewinn von 30 Euro pro Anteil (130 Euro – 100 Euro).
• Dieser Gewinn wird versteuert.
• Für die verbleibenden 50 Anteile (die du 2018 zu 120 Euro gekauft hast) steigt nun der Einstandspreis auf 120 Euro.
Durch das FIFO-Prinzip kann es also durchaus zu einer höheren Steuerlast kommen, wenn die zuerst gekauften Anteile günstiger waren als die späteren Käufe.
Kann man veranlassen das die zuletzt gekauften Anteile zuerst verkauft werden?
In Deutschland ist es in der Regel nicht möglich, das FIFO-Prinzip (First In, First Out) zu umgehen, da es gesetzlich vorgeschrieben ist. Das bedeutet, dass bei einem Verkauf von Wertpapieren (einschließlich Aktien und Fonds) immer davon ausgegangen wird, dass die zuerst gekauften Anteile auch zuerst verkauft werden.
Gibt es Alternativen oder Ausnahmen?
Leider gibt es keine direkte Möglichkeit, die Reihenfolge der zu verkaufenden Anteile zu ändern, wie beispielsweise auf das LIFO-Prinzip (Last In, First Out) zu wechseln. In Deutschland muss der Verkauf immer nach dem FIFO-Prinzip abgerechnet werden.
Strategien, um die Auswirkungen zu steuern:
Es gibt allerdings einige Ansätze, um die steuerlichen Auswirkungen zu optimieren:
1. Teilverkäufe planen: Du kannst versuchen, gezielt nur einen Teil deiner Anteile zu verkaufen, um die steuerliche Belastung zu steuern. Wenn du genau weißt, welche Anteile in deinem Depot zuerst verkauft werden (die älteren, günstigeren), kannst du deine Verkaufsstrategie entsprechend anpassen.
2. Einzeltöpfe trennen (mehrere Depots): In einigen Fällen könnte es sinnvoll sein, verschiedene Käufe in unterschiedlichen Depots zu halten. So kannst du möglicherweise den Verkauf steuern, indem du in einem Depot ältere und in einem anderen Depot neuere Käufe trennst. Allerdings muss das im Voraus geschehen, da nachträgliche Umschichtungen nichts am FIFO-Prinzip ändern.
3. Verlustverrechnung: Wenn du steuerpflichtige Gewinne realisierst, kann es sinnvoll sein, gleichzeitig auch Positionen mit Verlusten zu verkaufen, um diese Gewinne steuerlich auszugleichen. In Deutschland können Verluste mit Gewinnen verrechnet werden, was die Steuerlast mindert.
4. Freistellungsauftrag nutzen: Nutze den jährlichen Freistellungsauftrag (bis zu 1.000 Euro für Einzelpersonen bzw. 2.000 Euro für Ehepaare) für Kapitalerträge, um zumindest einen Teil der Erträge steuerfrei zu stellen.
Obwohl das FIFO-Prinzip verpflichtend ist, können eine strategische Planung und eine optimale Depotstruktur dabei helfen, die steuerliche Belastung zu minimieren.