Viele Menschen streben nach Prestige – sei es in Form von beruflichem Erfolg, gesellschaftlichem Status oder öffentlicher Anerkennung. Doch was auf den ersten Blick erstrebenswert erscheint, kann aus stoischer Sicht zur Falle werden: Wer seinen Selbstwert auf die Meinung anderer gründet, gibt seine innere Freiheit aus der Hand.
Die Trugkraft äußerer Anerkennung
Prestige basiert auf Fremdurteilen. Wer es erlangt, hängt davon ab, wie andere ihn bewerten. Stoiker sehen hierin eine gefährliche Abhängigkeit. Denn: Meinungen sind veränderlich, flüchtig – und entziehen sich unserer Kontrolle. Wenn das eigene Glück daran geknüpft ist, wie man gesehen wird, gerät man in eine permanente Unsicherheit.
Stattdessen empfehlen Stoiker, den Blick nach innen zu richten. Die Frage sollte nicht lauten: „Wie hoch ist mein Ansehen?“ – sondern: „Bin ich tugendhaft, integer, beständig?“ Der Fokus liegt auf Charakter, nicht auf Ruf.
Selbstachtung statt Fremdurteil
Ein zentraler Gedanke der stoischen Ethik ist, dass wahre Größe nicht durch äußere Bestätigung entsteht, sondern durch gelebte Werte. Wer sich an der eigenen Vernunft und Integrität orientiert, lebt unabhängig vom Urteil anderer. Selbstachtung wird damit zur tragenden Säule innerer Ruhe.
Das bedeutet nicht, sich von der Welt abzukehren. Vielmehr geht es darum, sich bewusst zu machen, dass öffentliche Anerkennung kein zuverlässiger Maßstab für ein gutes Leben ist. Der Maßstab liegt in uns selbst.
Praktische Übungen zur Stärkung der inneren Unabhängigkeit
- Ruf-Reflexion: Denke an eine Situation, in der du gelobt oder kritisiert wurdest. Frage dich: Hat dieses Urteil wirklich etwas mit deinem wahren Charakter zu tun? Oder spiegelte es nur Perspektiven wider?
- Eigenlob statt Fremdlob: Führe ein Tagebuch über Handlungen, auf die du aus eigener Sicht stolz sein kannst – auch wenn sie unbeobachtet blieben.
- Konsequentes Handeln: Übe dich darin, Entscheidungen nicht nach ihrem äußeren Ansehen zu treffen, sondern nach dem, was du für richtig hältst – auch wenn du dafür keine Anerkennung bekommst.
Fazit
Gesellschaftliches Ansehen mag angenehm sein – aber es ist weder verlässlich noch wesentlich. Wer lernt, seine Selbstachtung auf innere Werte zu gründen, wird unabhängiger und ruhiger. In einer Zeit, in der viele sich über Likes, Titel oder Status definieren, ist dieser stoische Ansatz aktueller denn je.
Quelle: Inspiriert durch William B. Irvine, „Eine Anleitung zum guten Leben“ (Originaltitel: A Guide to the Good Life)