Wie man Geduld und Disziplin aufbaut – und trotzdem jetzt schon belohnt wird

Lesezeit: 5 Min. | Wörter: 953

Viele Ratgeber sagen: Investieren ist ein Marathon, kein Sprint. Doch was, wenn man nicht gerne auf lange Sicht wartet? Was, wenn es schwerfällt, über Jahre Geld anzuhäufen, ohne jemals etwas davon zu nutzen?

Die gute Nachricht: Geduld und Disziplin kann man trainieren – und es gibt Wege, sich unterwegs zu belohnen, ohne die langfristigen Ziele zu gefährden. In diesem Artikel erfährst du, wie du deine Psyche austrickst, Emotionen kontrollierst und das Investieren nicht nur als Pflicht, sondern auch als Belohnung erlebst.

⚠️Haftungsausschluss

Warum ist Geduld beim Investieren so schwierig?

Unser Gehirn ist darauf programmiert, kurzfristige Belohnungen zu bevorzugen – ein Phänomen, das als „Present Bias“ bekannt ist. Das führt dazu, dass wir Gewinne zu früh realisieren, Verluste nicht aussitzen oder einfach frustriert sind, weil das investierte Geld „nur rumliegt“.

Zusätzlich beeinflussen uns Emotionen wie Angst (bei Marktschwankungen) und Gier (bei schnellen Kursanstiegen), was oft zu impulsiven Entscheidungen führt.

Doch Investieren ist nicht nur eine Frage der Strategie, sondern auch der mentalen Einstellung.

Strategien, um Geduld und Disziplin zu trainieren

1. Automatisierung nutzen

Setze einen Dauerauftrag für monatliche Investitionen in ETFs oder Aktien auf. Dadurch investierst du regelmäßig, ohne dich emotional von Marktbewegungen beeinflussen zu lassen.

2. Eine Langfrist-Perspektive einnehmen

Denke nicht in Monaten oder Jahren, sondern in Jahrzehnten. Stelle dir vor: Wie würde dein zukünftiges Ich in 20 Jahren auf deine heutige Entscheidung blicken?

Ein Trick: Überlege, ob du deine Entscheidung auch so treffen würdest, wenn du erst in fünf Jahren wieder draufschauen dürftest.

3. Regeln aufstellen und befolgen

Erstelle eine persönliche Investmentstrategie mit festen Regeln, z. B.:

  • Ich investiere jeden Monat einen festen Betrag.
  • Ich verkaufe nicht aus Panik, sondern nur aus rationalen Gründen.
  • Ich überprüfe mein Portfolio nur einmal pro Quartal, um impulsive Entscheidungen zu vermeiden.

Weniger Kontrolle = weniger Emotionen = bessere Entscheidungen.

4. Die „10-Sekunden-Regel“ gegen Impulsivität

Wenn du das Gefühl hast, eine übereilte Entscheidung zu treffen, warte mindestens 10 Sekunden (besser noch 24 Stunden), bevor du handelst. Oft vergeht das Bauchgefühl dann von selbst.

5. Visualisierung & Zukunfts-Ich

Stelle dir dein zukünftiges Ich vor und frage dich: Wie wird es sich anfühlen, wenn ich heute geduldig bleibe?

Studien zeigen: Menschen denken langfristiger, wenn sie regelmäßig Bilder oder Vorstellungen ihres älteren Ichs betrachten.

Wie du dein investiertes Geld genießen kannst – ohne deine Ziele zu gefährden

Der größte mentale Block beim Investieren ist oft das Gefühl, dass man jahrelang spart, aber nie etwas davon hat. Doch es gibt Wege, sich jetzt schon zu belohnen, ohne den langfristigen Vermögensaufbau zu ruinieren.

1. Arbeiten mit Ausschüttungen („Cashflow-Investing“)

Anstatt nur auf Kurssteigerungen zu setzen, kannst du bewusst in ausschüttende Anlagen investieren:

  • Dividendenaktien (stabile Unternehmen mit 3–5 % Dividendenrendite)
  • Ausschüttende ETFs, die regelmäßige Erträge zahlen
  • REITs (Immobilienfonds) mit oft hohen Ausschüttungen

Diese Ausschüttungen kannst du nutzen, um dir bewusst kleine Belohnungen zu gönnen, z. B. für Essen gehen, kleine Ausflüge oder Hobbys.

Psychologischer Vorteil: Du hast das Gefühl, dass dein Investment jetzt schon etwas bringt – nicht erst in 20 Jahren.

2. Die „50/50-Regel“ für Entnahmen

Statt Gewinne oder Ausschüttungen komplett zu reinvestieren oder komplett auszugeben, kannst du eine 50/50-Regel nutzen:

  • 50 % der Erträge reinvestieren, damit dein Kapital weiter wächst.
  • 50 % für kleine Belohnungen nutzen, z. B. Freizeitaktivitäten oder ein kleines Upgrade im Alltag.

Falls du schneller Vermögen aufbauen willst, kannst du die Regel anpassen (z. B. 80/20).

Psychologischer Vorteil: Du hast regelmäßig eine kleine Belohnung und weißt gleichzeitig, dass dein Vermögen weiter wächst.

3. Meilenstein-Belohnungen setzen

Setze dir kleinere Zwischenziele, anstatt nur auf den „großen Endbetrag“ hinzuarbeiten:

  • 10.000 € Portfolio-Wert: Ein Wochenendtrip.
  • 50.000 €: Etwas gönnen, das du dir lange wünschst.
  • 100.000 €: Ein größeres Erlebnis, z. B. eine besondere Reise.

Psychologischer Vorteil: Das Investieren fühlt sich nicht nach reiner Entbehrung an – du feierst unterwegs kleine Erfolge.

4. Spielgeld-Konto für spekulative Anlagen

Falls dir klassisches Buy-and-Hold-Investieren zu langweilig ist, kannst du einen kleinen Teil deines Kapitals für Spaß-Investments nutzen, z. B.:

  • Einzelaktien, die du spannend findest
  • Kryptowährungen
  • Start-up-Investments oder Crowdinvesting

Setze dafür maximal 5–10 % deines Kapitals ein. So hast du einen „Abenteuerspielplatz“, während der Großteil deines Geldes sicher wächst.

Psychologischer Vorteil: Du kannst „Spieltrieb“ ausleben, ohne deine Hauptstrategie zu gefährden.

Achtung: Der Zinseszins-Effekt kann gestört werden!

Wenn du regelmäßig Geld aus deinem Portfolio entnimmst, kann das den Zinseszins-Effekt abschwächen. Der Zinseszins funktioniert am besten, wenn Erträge automatisch wieder investiert werden, weil dann das Kapital exponentiell wächst.

So findest du die Balance zwischen Entnahme und Wachstum:

1. Kleine Entnahmen statt große Beträge: Lieber regelmäßig kleine Ausschüttungen nutzen als das ganze Portfolio anzutasten.

2. Hauptsächlich die Erträge nutzen: Greife idealerweise nur auf Dividenden und Ausschüttungen zu, nicht auf das Kapital selbst.

3. Langfristiges Ziel im Auge behalten: Überlege, wie viel Wachstum du für deine Zukunft willst und wie viel du dir heute gönnen kannst.

Falls du langfristig finanzielle Freiheit erreichen willst, lohnt es sich, den Großteil des Zinseszinses wirken zu lassen – aber ein bewusster Mittelweg ist möglich.

Fazit: Investieren mit Geduld – und trotzdem heute genießen

Es gibt nicht nur entweder jetzt genießen oder später reich sein – du kannst beides kombinieren.

  • Ausschüttungen nutzen, um kleine Belohnungen zu finanzieren
  • Meilensteine setzen, um Fortschritte zu feiern
  • Mit „Spielgeld“ spekulative Investments ausprobieren
  • Gleichzeitig den Zinseszins-Effekt nicht zu stark stören

So bleibt das Investieren motivierend und fühlt sich nicht nach purem Verzicht an.

Denn am Ende geht es nicht nur darum, irgendwann „reich“ zu sein – sondern auch darum, unterwegs ein gutes Leben zu führen.

→ weiter mit: Finanzielle Freiheit – Der Weg zu einem selbstbestimmten Leben